Gefühlsschwankungen und Depression

Gefühlsschwankungen gehören zur Pubertät dazu, doch manchmal entwickelt sich daraus eine Depression. Dann sollten Eltern schnell handeln.

Mädchen mit schwarzer Wolke über dem Kopf. Sie lässt den Kopf hängen.

Chaos im Kopf: Wenn die Gefühle regieren

In Brief 40 haben wir bereits beschrieben, dass nicht nur die Hormone das Verhalten und Erleben Jugendlicher beeinflussen, sondern sich auch das Gehirn während der Pubertät verändert. Im Alter von 15 Jahren ist die Neuorganisation des Gehirns zwar schon fortgeschritten, aber noch lange nicht abgeschlossen. Es entwickelt sich noch bis etwa Mitte 20 weiter.

15-Jährige können daher manchmal ihre starken Gefühle nicht kontrollieren oder sich nur schwer auf zwei Dinge gleichzeitig konzentrieren. Manchmal vergessen sie auch einfach Dinge, die sie früher mühelos behalten konnten.

Konzentriertes Lernen, planen, sich an Absprachen halten oder auch einfach nur die Konsequenzen des eigenen Handels absehen, fällt Jugendlichen in dieser Zeit schwer. Sie sind oft risikobereiter, lassen sich schnell ablenken und sich stärker von ihren Gefühlen leiten. Vielleicht hilft dieses Wissen Ihnen als Eltern, das Verhalten Ihres Kindes besser zu verstehen. Statt mit Druck und Kritik zu reagieren, weil es schon wieder nicht daran gedacht hat, dass nächste Woche eine Schularbeit ansteht, können Sie es in diesen alltäglichen Dingen unterstützen und zum Beispiel an wichtige Termine erinnern. Fragen Sie Ihr Kind, welche Unterstützung es sich von Ihnen wünscht, und respektieren Sie auch, wenn Ihr Teenager dies ablehnt.

Bleiben Sie auch gelassen, wenn Ihr Kind am Morgen nur schwer aus dem Bett kommt. Das Schlafhormon Melatonin wird in der Pubertät ein bis zwei Stunden später ausgeschüttet und verhindert ein rechtzeitiges Einschlafen. Ein steter Schlafmangel ist dann die Folge.

Mies drauf: Ist es nur eine Phase oder schon eine Depression?

Gefühlsschwankungen gehören zur Pubertät dazu, und die meisten Jugendlichen kommen gut durch diese Höhen und Tiefen. Dennoch gehört die Depression zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Jugendalter. Der Unterschied zwischen einer Depression und Stimmungsschwankungen ist für Sie als Eltern in diesem Alter nicht einfach zu erkennen. Das führt dazu, dass Jugendliche und deren Eltern oft zu lange warten, bis sie sich professionelle Hilfe suchen.

Je früher eine Depression erkannt und behandelt wird, desto größer ist die Chance, diese zu bewältigen.

Zeigt Ihr Kind bedenkliche Verhaltensweisen, oder dauert die depressive Stimmung ungewöhnlich lange an, versuchen Sie, mit ihm im Austausch und Gespräch zu bleiben. Hören Sie ihm zu und stellen Sie offene Fragen: „Wie fühlst du dich?“, „Was würde dir jetzt Freude bereiten?“, „Was macht dich traurig?“, „Wie kann ich dich unterstützen?“ Vielleicht fällt es Ihrem Kind schwer, sich Ihnen gegenüber zu öffnen. In diesem Fall oder wenn Sie selbst unsicher sind, gibt es die Möglichkeit, dies abklären zu lassen: Dabei stehen Ihnen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:

Kinder -und Jugendpsychotherapeut*innen

behandeln Kinder und Jugendliche, die psychische Erkrankungen haben. Dabei sind von den Krankenkassen mehrere Therapieverfahren zugelassen. Therapeut*innen mit Kassenzulassung rechnen ihre Leistungen direkt mit der Krankenkasse ab. Sie benötigen keine Überweisung Ihrer Haus- oder Kinderarztpraxis. Bei der Suche hilft Ihnen die Kassenärztliche Vereinigung Bayern:

oder die Psychotherapeutenkammer:

Auch Eltern, die selbst von Depressionen betroffen sind, können dort Therapeut*innen finden.

Kinder- und jugendpsychiatrische Praxen sind fachärztliche Praxen, die neben einer umfassenden Diagnostik informieren, Empfehlungen aussprechen und, falls erforderlich, Medikamente verschreiben. Die Praxen können ebenfalls ohne Überweisungsschein aufgesucht werden.

Beratungsstellen

Möchten Sie zunächst eine Beratungsstelle aufsuchen, um mehr Klarheit zu gewinnen, können Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind an die Erziehungsberatungsstelle an Ihrem Wohnort wenden:

Unterstützung bietet auch die Beratungsstelle für seelische Gesundheit:

Gut zu wissen:

Eine Depression entsteht meist durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Soziale und psychische Aspekte (zum Beispiel Dauerbelastungen, Ausgrenzungen) spielen ebenso eine Rolle wie familiäre Vorbelastungen (genetisch, biologisch oder psychosozial), häufig verbunden mit einem schwierig zu verarbeitenden Geschehen wie beispielsweise Tod, Trennung oder Gewalterfahrungen.

Eine Depression ist eine Erkrankung, an der niemand „schuld“ ist: Weder die Eltern noch die Jugendlichen! Sie kann jede*jeden treffen und sollte ernst genommen werden, denn mitunter kann sie sogar lebensbedrohlich sein. Wenn Ihr Kind Ihnen oder seinem Freundeskreis gegenüber Suizidgedanken äußert, ist das ein Alarmsignal, das Sie auf jeden Fall ernst nehmen sollten. Der Krisendienst Psychiatrie ist täglich unter 0800 6553000 von 0 bis 24 Uhr erreichbar.

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