Wenn die Seele krank ist

Seelische Erkrankungen im Jugendalter: Wo Sie Hilfe und Unterstützung finden.

eine sehr dünne Frau

Erwachsen werden ist nicht immer einfach: Wenn die Seele krank ist

In dieser herausfordernden Entwicklungsphase fühlen sich Jugendliche manchmal sehr verloren und verzweifelt. Zusätzliche Belastungen oder Dauerbelastungen können dann in eine seelische Krise führen. Vermehrter Stress in der Schule, Auseinandersetzungen mit Freund*innen, Mobbing, Scheidung der Eltern oder der Tod eines*r Angehörigen sind Lebenskrisen, die seelische und körperliche Beschwerden auslösen und/oder verstärken können. Zu den häufigsten psychischen Krankheiten im Jugendalter zählen Depressionen, Angstzustände oder Essstörungen.

Umfragen haben ergeben, dass vor allem Stress, aber auch die Klimakrise, Krieg und die damit verbundene Sorge um die eigene Zukunft bei Jugendlichen Angst auslösen und zu depressiven (Ver-)Stimmungen führen können.

In der Pubertät kann es unter Umständen zu psychischen Problemen kommen, die sich nicht immer einfach innerhalb der Familie regeln lassen, sondern fachliche Hilfe erfordern. Eine Beratung in einer Erziehungsberatungsstelle, eine kinder- und jugendpsychiatrische Abklärung oder Therapie können sinnvoll sein, wenn Ihnen bei Ihrem Kind zum Beispiel folgende Belastungen auffallen:

  • Niedergeschlagenheit (durchgehend über einen längeren Zeitraum)
  • übermäßige Schüchternheit (Schwierigkeiten im Kontaktaufbau zu anderen)
  • sozialer Rückzug (Ihr Kind hat kaum Kontakte und verbringt die meiste Zeit allein)
  • übermäßige Sorgen (zum Beispiel vor Krankheiten, Krieg oder Klimawandel)
  • Panikattacken
  • Zwangsstörungen wie Waschzwang, Rituale, Ticks
  • Ritzen, selbstverletzendes Verhalten
  • häufige Bauchschmerzen/auch andauernde wechselnde körperliche Beschwerden, die den Alltag, zum Beispiel den Schulbesuch, einschränken
  • Schulvermeidung/Schulverweigerung
  • ungewöhnliche Aggressivität
  • Gefühle von Wertlosigkeit
  • Selbstmordgedanken, -äußerungen

Gut zu wissen: Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen

behandeln Kinder und Jugendliche, die psychische Schwierigkeiten und Störungen haben. Dabei sind von den Krankenkassen mehrere Therapieverfahren zugelassen. Therapeut*innen mit Kassenzulassung rechnen ihre Leistungen direkt mit der Krankenkasse ab. Sie benötigen keine Überweisung Ihrer Haus- oder Kinderarztpraxis. Bei der Suche hilft Ihnen die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns:

Kinder- und jugendpsychiatrische Praxen

sind fachärztliche Praxen, die neben einer umfassenden Diagnostik einen Behandlungsplan erstellen und gegebenenfalls durchführen. Diese Praxen können informieren, Empfehlungen aussprechen und falls erforderlich Medikamente verschreiben. Eine Überweisung benötigen Sie nicht.

Einen Überblick über Anlaufstellen erhalten Sie in der Broschüre:

Hilfen bei psychischen und familiären Problemen

Essstörungen: Wenn der Körper zum Feindbild wird

Manche Kinder und Jugendliche empfinden die Veränderungen während der Pubertät als so belastend, dass sie das Gefühl haben, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Tief liegende Probleme, familiäre Konflikte, traumatische Erlebnisse, Einsamkeit, Leistungsdruck, Kummer oder mangelndes Selbstwertgefühl können dieses Gefühl noch verstärken. Betroffene suchen dann nach einer Möglichkeit, selbst wieder etwas steuern zu können.

Nichts oder nur wenig zu essen gibt manchen Jugendlichen das Gefühl, wieder etwas kontrollieren zu können. So kann es zur Entwicklung einer Essstörung kommen. Nicht selten orientieren sich Jugendliche in dieser Phase auch an Menschen wie Influencer*innen in den sozialen Medien und streben nach einem Schönheitsideal, das kaum zu erreichen ist: schön, schlank und erfolgreich.

Nach Schätzungen der Krankenkassen sind in Deutschland rund 50 000 Jugendliche von einer Essstörung betroffen. Die Dunkelziffer dürfte um einiges höher sein.

Mädchen sind dabei häufiger betroffen, aber auch Jungen sind gefährdet. Nicht alle entwickeln eine krankhafte Essstörung, meist normalisiert sich das Essverhalten wieder.

Oft beginnt alles mit einer Diät, also mit dem Wunsch, dünner zu sein. Irgendwann können die Betroffenen nicht mehr aufhören abzunehmen, treiben exzessiv Sport, nehmen Abführmittel ein und verlieren immer mehr an Gewicht. Dies alles können Anzeichen für eine Magersucht sein. Betroffene mit einer Magersucht nehmen ihren Körper oft ganz anders wahr. Obwohl sie vielleicht nur noch aus Haut und Knochen bestehen, sehen sie an sich Fettpolster oder breite Hüften.

Eine andere Form der Essstörung ist die Bulimie. Betroffene haben bei dieser Essstörung anfallsweise unkontrolliertes Verlangen nach Essen. Anschließend führen sie häufig gewichtsreduzierende Maßnahmen durch, wie selbst herbeigeführtes Erbrechen und/oder die Einnahme von Abführmitteln.

Beim sogenannten Binge-Eating nehmen die Personen in kürzester Zeit Unmengen an Nahrung zu sich und empfinden kein Sättigungs- oder Völlegefühl. Oft fühlen sie sich danach schuldig und ekeln sich regelrecht vor dem eigenen Körper. Weder bei Bulimie noch bei Binge-Eating muss zwingend ein extremes Untergewicht vorliegen.

Sprechen Sie Ihr Kind darauf an, wenn Sie merken, dass sich sein Essverhalten oder Gewicht deutlich verändern oder Sie folgende Auffälligkeiten beobachten:

  • Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme sind deutlich.
  • Ihr Kind wiegt sich sehr häufig.
  • Es isst selbst sehr wenig und manchmal gar nicht.
  • Es bekocht gerne die Familie oder backt für andere, vermeidet aber, an diesen Mahlzeiten teilzunehmen.
  • Es ist unzufrieden mit dem eigenen Gewicht und Körper, obwohl es schon auffällig dünn ist.
  • Die Menstruation bleibt bei Mädchen aus.
  • Ihr Kind treibt häufig und sehr lange Sport.
  • Nach dem Essen geht es sofort ins Bad/WC, um sich zu erbrechen.
  • Es beschäftigt sich viel mit Ernährung und bestimmten Ernährungsformen (wie Veganismus oder Ähnlichem).
  • Es trinkt viel Wasser gegen den Appetit und um das Untergewicht zu manipulieren.
  • Ihr Kind tut so, als ob es essen würde, indem es ständig an irgendetwas knabbert, das keine Kalorien hat, oder indem es häufig zuckerfreies Kaugummi kaut.

Falls Sie mehrere dieser Anzeichen bei Ihrem Kind beobachten, zeigen Sie ihm, dass Sie sich Sorgen machen, und suchen Sie Hilfe bei einer Beratungsstelle oder in einer psychotherapeutischen Praxis.

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