Von kleinen Nachtwandlern und unsichtbaren Freunden
Das Bemühen um Selbstständigkeit führt bei einigen Kindern dazu, dass sie nachts wieder vermehrt aufwachen, weinen, nach Ihnen rufen oder gleich zu Ihnen ins Bett krabbeln. Manche der zahlreichen Eindrücke, die tagsüber auf das Kind einstürmen, tauchen mehr oder weniger erschreckend in seinen Träumen wieder auf – so wird Erlebtes verarbeitet und verinnerlicht.
Die meisten Kinder können noch nicht von ihren Träumen erzählen. Mitten in der Nacht brauchen Sie Ihr Kind sowieso nicht danach zu fragen. Ein tröstendes Gemurmel, ein beruhigendes „Schlaf schön wieder ein!“, ein Streicheln über den Kopf helfen da meistens.
Wenn es in Ihr Bett gekrabbelt kommt und Sie das nicht möchten, tragen Sie es behutsam zurück in sein eigenes Bett. Verabschieden Sie Ihr Kind mit dem gleichen Ritual (Schlaflied, Kuscheltier oder Ähnlichem) wie auch beim Zubettgehen am Abend. Falls Sie noch keine festen Abläufe haben, versuchen Sie herauszufinden, wodurch sich Ihr Kind geschützt fühlt. Das kann ein Kraft spendender Spruch sein oder ein Lied, eine Geste, ein Schutzgegenstand wie beispielsweise ein Kuscheltier oder auch der unsichtbare Freund, die unsichtbare Freundin.
Etwa jedes dritte Kind zwischen drei bis fünf Jahren erfindet eine*n unsichtbare*n Freund*in, die*der nur in der Gedankenwelt des Kindes existiert. Viele Eltern verunsichert es zunächst, wenn sie merken, dass ihr Kind mit oder von jemandem spricht, der nicht da ist. Doch kein Grund zur Sorge: Diese Fantasiegestalt hat für Ihr Kind eine positive Funktion als Verbündete. Sie kann trösten, beschützen und manchmal sogar als Sündenbock herhalten. Sie ist nicht nur beim Einschlafen an der Seite Ihres Kindes, sondern kann ihm auch helfen, Ängste oder Emotionen zu bewältigen und zu verarbeiten. In der Regel verschwinden diese Fantasiefreund*innen nach einiger Zeit von allein wieder. Als Eltern können Sie die unsichtbare Gestalt in den Alltag wie einen Gast miteinbeziehen. Sie sollten nicht versuchen, sie Ihrem Kind auszureden, denn vielleicht ist sie gerade hilfreich für seine Entwicklung.