Geschwisterliebe - Geschwisterstreit

Geschwister haben unterschiedliche Bedürfnisse, deshalb ist Geschwisterstreit normal. Wie Eltern sich verhalten können, wenn Kinder streiten.

Großer Bruder und kleine Schwester Hand in Hand. Das Mädchen hält einen Luftballon.

Geschwister: Sie lieben und sie streiten sich

Im Alter von zwei bis fünf Jahren verbringen Geschwister sehr viel Zeit miteinander. „Spielend“ lernen sie viel voneinander. Geschwisterkinder geben sich eine Fülle von Anregungen und Zuwendung. Bruder oder Schwester sind Vorbild, Beschützer*in, die*der beste Freund*in – oft in wechselnden Rollen. Und: Sie lernen miteinander zu teilen und zu verzichten, nachzugeben und sich zu behaupten, sich zu streiten und wieder zu versöhnen.

Doch ganz so harmonisch, wie sich die Geschwisterliebe erst einmal anhört, ist sie dann nicht immer. Streit, Eifersucht und Rivalität sind unter Geschwistern keine Seltenheit und auch nicht verwunderlich. Kinder brauchen und suchen die Aufmerksamkeit und Fürsorge ihrer Eltern. Wenn sie sich diese jedoch mit anderen Kindern, also ihren Geschwistern, teilen müssen, sind Konflikte vorprogrammiert. Das wird besonders deutlich, wenn ein neues Familienmitglied geboren wird. Hatte das erste Kind bis dahin seine Eltern ganz für sich, muss es sich nun deren Zeit mit einem Geschwisterchen teilen. Das Gleiche gilt für Patchworkfamilien, wenn ein*e neue*r Partner*in hinzukommt und eigene Kinder hat.

Bedürfnisse erkennen – Vergleiche meiden

Viele Eltern versuchen ihre Kinder gleich zu behandeln. Doch das ist eigentlich unmöglich. Gerade wenn die Geschwister unterschiedlich alt sind, haben sie ganz verschiedene Bedürfnisse. Ein Baby oder Kleinkind braucht und bekommt mehr Aufmerksamkeit, genauso wie ein Geschwisterkind mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankung. Außerdem sind die Lebensumstände, unter denen ein Kind seine ersten Lebensjahre verbringt, nicht immer exakt die gleichen.

Es ist daher wichtig, dass Eltern dem großen oder nicht behinderten Kind immer wieder sagen und zeigen, dass es genauso geliebt wird wie sein Geschwisterchen. Im Idealfall verbringen Sie auch Zeit allein mit ihm, um aus einem Buch vorzulesen oder den Spielplatz zu besuchen. Jedes Kind braucht ab und zu den Vater oder die Mutter ganz für sich, und sei es nur, um gemeinsam in den Supermarkt zu gehen. Für Ihr Kind ist dies wertvolle, exklusive Zeit nur mit Ihnen.

Sicherlich kann es auch vorkommen, dass das ältere Kind um zu viel Rücksichtnahme gebeten wird, weil es doch schon „so groß und vernünftig“ ist, während das Jüngere häufig zu lange „klein“ sein darf. Hören und achten Sie darauf, was Ihr Kind braucht. Es kann durchaus sein, dass sich Kinder gerade dann, wenn sich an der Familiensituation etwas geändert hat, plötzlich wieder unselbstständiger und „kleiner“ verhalten. Das kann ein Zeichen sein, dass Ihr Kind sich an die neue Lebenssituation erst gewöhnen muss. Geben Sie ihm Zeit und eine Extraportion Aufmerksamkeit.

Die elterliche Liebe lässt sich nicht grammgenau verteilen. Mal braucht das eine Kind mehr Trost und Zuwendung, mal das andere mehr Aufmerksamkeit – je nach Charakter des Kindes und entsprechend der Situation, in der es sich befindet. Das Wichtigste ist, dass Eltern versuchen, jedem Kind und seiner Persönlichkeit gerecht zu werden.

Und weil eben nicht alle Kinder gleich sind, sind Vergleiche ungünstig. Sätze wie: „Dein Bruder hat aber seinen Teller schon leer gegessen“ oder „Schau mal, wie schön deine Schwester schon Fahrradfahren kann“ bringen nichts und verstärken nur die Rivalität unter den Geschwistern. Besonders, wenn zwischen ihnen kein allzu großer Altersunterschied liegt, wie im Fall von Mehrlingen.

Gut zu wissen: BIB e.V.

BIB e.V., der Münchner Verein zur Betreuung und Integration behinderter Kinder und Jugendlicher, bietet Beratung und Unterstützung für Familien von Kindern mit Behinderung sowie für deren Geschwister an. Außerdem werden Ausflüge und andere Freizeitaktivitäten angeboten. Mehr Infos unter:

Gut zu wissen: Mehrlinge

Die Geschwisterbeziehung ist bei Mehrlingen oft besonders intensiv, vor allem wenn es sich um eineiige handelt. Von Geburt an müssen sie sich die Aufmerksamkeit ihrer Eltern teilen. Gerade im Babyalter ist das für die meisten Eltern sehr anstrengend, doch je älter die Kinder werden, desto mehr können sie miteinander spielen und sich gegenseitig beschäftigen, was wiederum die Eltern entlastet. Trotz vieler Gemeinsamkeiten sollten Mehrlingseltern nicht vergessen, dass jedes Kind eine eigene Persönlichkeit hat. Es sind eben nicht nur die „Zwillinge“ oder die „Drillinge“, sondern ganz unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Stärken, Schwächen und Bedürfnissen, auf die Eltern eingehen sollten. Das fängt schon damit an, die Kinder bei ihren eigenen Namen zu rufen und nicht immer als Einheit anzusprechen. Mehrlingseltern sollten auch versuchen, bewusst Zeit mit nur einem Kind zu verbringen.

Krach im Kinderzimmer: Umgang mit Geschwisterstreit

„Leni hat aber zuerst gehauen!“, „Karim hat meine Burg umgeschmissen!“: Gründe für Streitereien unter Geschwistern gibt es viele. Aber wie können Eltern in diesen Fällen reagieren? Einmischen oder lieber raushalten?

Eltern sollten sich erst mal möglichst neutral verhalten, also sich nicht sofort auf die Seite eines der Kinder stellen. Oft ist es nämlich nicht nachzuvollziehen, wer, wo, wie und was genau gemacht hat. Bei Geschwistern mit einem größeren Altersunterschied bietet sich zum Beispiel folgende Möglichkeit an: Wenn sich der Vierjährige über die kleine Schwester aufregt, die gerade seine Burg umgeworfen hat, dann können Sie das jüngere Geschwisterchen aus der Situation herausnehmen und ihm etwas anderes zum Spielen anbieten. Sagen Sie auch dem älteren Kind, dass Sie seinen Ärger verstehen.

Schwieriger wird es, wenn sich ältere Kinder streiten und sie es nicht schaffen, den Konflikt alleine zu lösen und vielleicht sogar untereinander handgreiflich werden. Dann können Eltern diese Tipps helfen, eine Lösung zu finden:

  • Hören Sie sich an, was jedes Kind zu sagen hat, aber kommentieren oder werten Sie ihre Aussagen nicht.
  • Helfen Sie Ihren Kindern, Worte zu finden für ihre Gefühle und Beweggründe.
  • Weint ein Kind, dann trösten Sie es zunächst.
  • Wiederholen Sie gegenüber den Kindern die Situation: „Leni ist sauer, weil ihre Burg umgeworfen wurde, und Karim, weil Leni ihn gehauen hat. Was können wir denn da nun machen?“
  • Lassen Sie Ihre Kinder erst mal versuchen, eigene Lösungen zu finden, bevor Sie Vorschläge machen.

Kinder ab drei Jahren sind in der Regel in der Lage, mithilfe von Erwachsenen eigene Wege aus ihrem Streit zu finden. Dadurch lernen sie, mit Konflikten umzugehen und Lösungen zu finden. Es gibt allerdings auch Grenzen, die nicht überschritten werden sollten. Kommt es immer wieder zu Streitigkeiten, bei denen gehauen, gebissen oder an den Haaren gezogen wird, sollten Sie schnell eingreifen und die Kinder erst einmal, vielleicht auch räumlich, trennen. Erst wenn sich alle beruhigt haben, können Sie mit jedem Kind einzeln sprechen, um zu hören, was eigentlich hinter dem Streit steckt. Oftmals liegen die Ursachen ganz woanders und kommen nur dann explosionsartig zum Vorschein, wenn zum Beispiel der eine dem anderen das Spielzeug wegnimmt.

In jedem Fall möchten wir Sie beruhigen und Ihnen versichern:

In jedem Haushalt mit Kindern kommt es zu Streitigkeiten und Konkurrenz. Es wird gestritten und sich wieder vertragen. Das ist ein ganz normales Verhalten!

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