Schwindeln, Klauen und Geheimnisse

Wann Notlügen okay sind, warum Kinder klauen und wieso Sie ihre Privatsphäre respektieren sollten.

Ein Dieb schleicht sich davon

Kleine Revolution: Der Reiz des Verbotenen

Etwas Verbotenes zu tun ist für die meisten Kinder in diesem Alter oftmals eine große Verlockung. Jüngere Kinder übertreten selten bewusst ein Verbot, es „passiert“ ihnen. Achtjährige hingegen tun etwas gerne, gerade weil es verboten ist. Dabei stellen sie Regeln oder Grenzen nicht grundsätzlich infrage, sondern vielmehr auf die Probe. Sie möchten spüren, dass es ihren Eltern nicht egal ist, ob sie Regeln beachten oder nicht. Wenn Kinder Verbotenes tun, prüfen sie damit im Grunde ihr Sicherheitsnetz. Das Überschreiten von Grenzen ist daher auch eine wichtige Erprobung der Willenskraft und der Eigenverantwortlichkeit.

Wie wahr: Übers Lügen und Schwindeln

Haben Sie schon bemerkt, dass Ihr Kind manchmal ganz schön flunkert und nicht immer die Wahrheit sagt? Ab etwa vier Jahren sind Kinder imstande zu schwindeln, verraten sich aber schnell durch ihre Stimme, ihren Gesichtsausdruck, Widersprüche oder haarsträubende Erklärungen. Mit acht Jahren können Kinder Unwahrheiten, Schummeleien und Ausreden der Erwachsenen viel besser erkennen. Vielleicht wurden Sie auch schon mal von Ihrem Kind ertappt, als Sie nicht ganz aufrichtig waren. „Warum sagst du zur Oma, du freust dich über das Geschenk, du magst doch gar keine Pralinen!“

Diese alltäglichen „Notlügen“ sind kein Drama, sie geschehen oft aus Höflichkeit. Vielleicht sagen Sie der Oma nicht, dass Ihnen das Geschenk nicht gefällt, weil Sie sie nicht kränken wollen. Oder Sie versuchen Ihr Kind vor Sorgen zu bewahren. „Nein, ich bin gar nicht traurig, nur müde!“ Es gibt noch viele andere kleine Not- und Taktlügen, die wir alle tagtäglich anwenden und ohne die das Leben vielleicht weitaus schwieriger wäre.

Erwachsene haben ihre Moralvorstellungen im Laufe des Lebens entwickelt. Ein achtjähriges Kind hat auch schon Vorstellungen von dem, was richtig und falsch ist. Es muss aber den Umgang damit noch üben und experimentiert daher in diesem Alter besonders gern.

Es ist wichtig, dass Sie mit Ihrem Kind ins Gespräch kommen, wenn Sie es bei einer Lüge oder Schummelei erwischen. Sie können ihm ruhig sagen, dass Sie darüber wütend und enttäuscht sind, denn es muss wissen, welche Gefühle bei anderen entstehen, wenn es lügt. Werten Sie es aber nicht in seiner Person ab, indem Sie sagen: „Du bist ein Lügner oder eine Lügnerin!“

Versuchen Sie herauszufinden, warum Ihr Kind gelogen hat. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Vielleicht hatte es Angst, ausgeschimpft zu werden, wollte einer unangenehmen Situation entgehen oder sich einfach nur einen Vorteil verschaffen? Kinder lügen auch, um Aufmerksamkeit zu bekommen und gelobt zu werden oder um ihre Eltern nicht zu enttäuschen.

Bei einem Gespräch haben Sie zudem die Möglichkeit, Ihrem Kind den Wert von Ehrlichkeit zu vermitteln. Wenn Sie deutlich machen, dass Ihnen Ehrlichkeit wichtiger ist als das „Vergehen“, kann dies eine tragfähige Vertrauensbasis schaffen.

Und auch Sie als Eltern müssen sich das Vertrauen Ihrer Kinder verdienen: Wenn Sie die Wahrheit pflegen und Ihre Versprechen einhalten, sind Sie ein Vorbild, das Ihre Kinder gerne nachahmen.

Privatangelegenheiten: „Das geht dich nichts an!“

Wahrscheinlich sind Sie erst mal überrascht, wenn Ihr Kind zum ersten Mal auf eine Ihrer Fragen mit dieser Antwort reagiert. Vorbei scheint die Zeit, als Ihr Kind Ihnen alles fröhlich erzählt hat. In Zukunft wird es immer mehr Dinge für sich behalten wollen, und das sollten Sie respektieren. Solche Geheimnisse sind wichtige Meilensteine in der Entwicklung seiner Selbstständigkeit und eines angemessenen Gefühls für Privatsphäre. Gemeinsam mit Ihrem Kind können Sie eine Art „Leitfaden“ anlegen, der dem fortschreitenden Alter und der Entwicklung des Kindes angepasst wird.

Fragen, über die Sie aufrichtige Auskunft verlangen, könnten zum Beispiel sein:

  • Sind alle Hausaufgaben erledigt?
  • Wo und mit wem hält es sich in seiner Freizeit auf?
  • Welche Inhalte in welchen Medien hat es sich angeschaut?

Was auch immer Sie in Ihrer Familie beschließen: Es ist gut für Sie und Ihr Kind, wenn Sie begründen, in welchen Punkten Sie Bescheid wissen müssen. Gleichzeitig sollten Sie gemeinsam festlegen, was der Privatbereich Ihres Kindes ist, zum Beispiel Briefe, Taschengeld, Tagebuch, Kinderzimmer, Freundschaften. Dies könnte ein guter Weg für Eltern sein, um Vertrauen zu bewahren und Aufrichtigkeit zu stärken, ohne zudringlich zu sein.

Erwischt: Warum Kinder manchmal klauen

Vielleicht finden Sie jetzt Sachen bei Ihrem Kind, die ihm nicht gehören. Wenn Sie danach fragen, erklärt Ihr Kind eventuell, dies habe es „nur geliehen“. Wenn sich herausstellen sollte, dass Ihr Kind etwas entwendet hat, ist es sinnvoll – ähnlich wie beim Schwindeln –, ruhig zu reagieren. Viele Kinder werden in die Situation kommen, in der sie einmal einfach etwas mitnehmen, was ihnen nicht gehört. Sie probieren damit aus, ob sie auch auf andere Weise als mit Geld an bestimmte Dinge herankommen. Manchmal ist Stehlen eine gemeinsame Mutprobe unter Freund*innen. Auf die Frage, warum es stiehlt, bekommen Sie wahrscheinlich keine konkrete Antwort, weil dem Kind seine Beweggründe meist gar nicht bewusst sind. Wenn Sie es dagegen fragen, was es mit den Sachen anfangen wollte, erhalten Sie vielleicht einen Hinweis. Ihr Kind sollte das Gestohlene dem*der Besitzer*in wieder zurückgeben oder in den Supermarkt zurückbringen und sich entschuldigen. Das erfordert sehr viel Mut. Wenn Ihr Kind dies möchte, sollten Sie es begleiten. So kann es lernen, für Fehler einzustehen. Reden Sie mit Ihrem Kind darüber, welche Folgen Stehlen für die Beziehung zweier Menschen hat, zum Beispiel Enttäuschung und Misstrauen.

Wenn Kinder jedoch regelmäßig klauen, sollten Eltern sich gegebenenfalls Unterstützung bei der Klärung der Umstände holen. Eine gute Adresse ist in diesem Fall Ihre regionale Erziehungsberatungsstelle:

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